Im Körper gespeicherte traumatische Erfahrung können über Sperma oder Eizelle an die nächste Generation weiter gereicht werden. Ja, auch die Männer können ihr Trauma an ihre Kinder weitergeben. Wie ist das möglich? Ein Trauma ändert doch nicht die Gene.
Epigenetik
Epigenetik beschäftigt sich mit der erblichen Veränderung des Erscheinungsbildes ohne Änderung der DNA-Sequenz. Wir besitzen ca. 250 verschieden Zelltypen in unserem Körper. Jede Zelle enthält einen vollständigen Satz aller Erbinformationen. Damit sich die unterschiedlichen Zelltypen entwickeln können, werden bestimmte Gene zu bestimmten Zeiten ein- und ausgeschaltet. Diese Steuerung wird Epigenom genannt. Das ist auch der Grund, warum eineiige Zwillinge sich zwar sehr ähneln, aber nicht identisch sind.
Mäuse vererben Angst
Nicht nur chemische oder physikalische Einflüsse, sondern auch biologische, psychische und soziale Faktoren modulieren das Epigenom. Bereits 2013 wurden Artikel veröffentlicht, in denen beschrieben wird, wie Angst sich bei Mäusen vererbt. Bei dem Versuch wurden männliche Mäuse mit schwachen Stromstößen traktiert, während sie dem Kirschduft Acetophenon ausgesetzt waren. Obwohl die Vatermäuse nach der Zeugung keinen Kontakt mit ihrem Nachwuchs hatten, haben diese die gleiche Angst gezeigt.
Neueste Studie
Eine neue Studie der Professorin Isabelle Mansuy in Neuroepigenitik der medizinischen Fakultät der Universität Zürich zeigt, dass traumatische Erfahrungen Veränderungen der Blutzusammensetzung – also von Stoffwechselprodukten – verursachen, die an die nächste Generation weitergegeben werden. Es gibt also neben der angeborenen Vererbung eine sogenannte erworbene Vererbung von Eigenschaften, die durch Lebenserfahrungen erworben sind. Die Forschung der Epigenetik fördert ein besseres Verständnis von umweltbedingten/erfahrungsbedingten Krankheiten wie psychiatrische Störungen, Autoimmunerkrankungen, usw., deren Ursachen und Mechanismen noch wenig bekannt sind und die zum Teil noch nicht behandelt werden können.
Von Menschen und Mäusen
Die Versuche an Mäusen wurden durch Stichproben von Kindern in einem pakistanischen SOS-Kinderdorf bestätigt. Es gibt viele Gemeinsamkeiten in den Symptomen eines Traumas bei Menschen und Mäusen, sowohl psychologisch als auch körperlich. Wie genau ein Trauma die Stoffwechselwege verändert, ist noch nicht erforscht. Vermutlich bewirken Störungen der Leber, der Bauchspeicheldrüse, des endokrinen Systems, etc. molekulare Veränderungen, die nach der Befruchtung mit der Eizelle an den Embryo weitergegeben werden.
Daher ist es so wichtig, dass wir unsere Traumata behandeln, um die Kette des Generationstrauma zu abzubrechen. Egal ob es sich um ein Schock-/ Unfalltrauma handelt oder um ein Entwicklungstrauma, ich unterstütze gerne bei der Auflösung der Folgen.